Epileptische Krampfanfälle bei Hunden


Quelle: Dr. A. Jaggy, Institut für Tierneurologie, Bern


Epilepsie

Epilepsie ist der griechische Ausdruck für "Fallsucht". Medizinisch gesehen versteht man darunter das wiederholte Auftreten von Krampfanfällen. Grundsätzlich können alle Spezies von Epilepsie betroffen sein. "Epilepsie" an sich ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom einer Fehlfunktion des Gehirns. Fehlfunktionen des Gehirns können mit einer Reihe anderer Symptome wie abnormalem Verhalten, getrübtem Bewußtsein und Gangstörungen einhergehen und sind auf eine Vielzahl von verschiedenen Erkrankungen, auch außerhalb des Nervensystems, zurückzuführen.

Klinik

Die häufigste und dramatischste Form eines epileptischen Anfalls ist der sogenannte "generalisierte" Anfall, bei dem der ganze Körper von Krämpfen betroffen wird und der Hund meist auch das Bewußtsein verliert.

Neben den generalisierten Anfällen, die auf epileptische Entladungen im gesamten Gehirn zurückzuführen sind, gibt es Anfallsformen, die nur Teile des Gehirns betreffen und entsprechend weniger heftige Symptome verursachen. Dies sind sogenannte "partielle" Anfälle, die sich in Zuckungen einzelner Muskelgruppen oder in Zuckungen einer Körperseite äußern, ohne daß der Hund das Bewußtsein verliert oder umfällt.

Neben den beschriebenen Anfallsformen kann der betroffene Hund andere Symptome zeigen, die zwischen den Anfallsepisoden auftreten. Patienten, die neben den Krampfanfällen an weiteren Krankheitszeichen wie z. B. Abmagerung, vermehrtem Durst, Schwäche oder rascher Ermüdung leiden, haben in der Regel eine zu Grunde liegende Krankheit, die neben dem Gehirn auch andere Organe in Mitleidenschaft zieht.

Primäre und sekundäre Epilepsie

Die zahlreichen Krankheiten und Ursachen, die zu Krampfanfällen führen, drängen auf eine übersichtliche Einteilung. Aus diesem Grund klassiert man die Anfallsursachen als primäre und sekundäre Epilepsien.

Erkrankungen des Gehirns wie Entzündungen, Tumore, Wasserkopf oder andere Mißbildungen sind häufig Ursache von Krampfanfällen. Solche Krankheiten verursachen eine primäre Epilepsie, weil ihre Ursache im Gehirn selber zu finden ist.

Demgegenüber gibt es auch Krankheiten, die außerhalb des Gehirns in anderen Organen wie Leber, Niere, Herz und Lunge lokalisiert sind und ebenfalls Krampfanfälle auslösen können. Solche Krankheiten verursachen die sogenannte sekundäre Epilepsie.

Idiopathische Epilepsie

Die größte Ursachenkategorie der Krampfanfälle ist die sogenannte idiopathische Epilepsie. 50—80% aller epileptischen Hunde leiden an dieser Form von Krampfanfällen. Typisch für idiopathische Epileptiker ist, daß sie zwischen den Anfällen vollständig normal sind und daß sie tendenziell häufiger beim jungadulten Hund, im Alter von zwei bis vier Jahren, auftritt. Bei einigen Rassen wie Golden Retriever, Labrador, Beagle, Tervueren und Dackel wurde mit Stammbaumanalysen gezeigt, daß die idiopathische Epilepsie vererbt wird, der genaue Erbgang konnte jedoch noch nicht geklärt werden. Bei zahlreichen anderen Rassen ist eine familiäre Häufung der Krankheit zu verzeichnen.

Abklärung und Behandlung des epileptischen Hundes

Erste Priorität kommt der Identifizierung der zugrunde liegenden Erkrankung zu. Eine umfassende Abklärung eines epileptischen Hundes einschließlich Blutuntersuchung, Liquoranalyse und evtl. sogar Elektroenzephalographie und Computertomographie ist deshalb nötig, weil oft nur auf diesem Weg zwischen erworbener und idiopathischer Epilepsie unterschieden werden kann. Diese Unterscheidung ist von größter Bedeutung für die Art der Behandlung, die Formulierung einer Prognose und somit der Chancen eines an Krampfanfällen leidenden Hundes.

Die idiopathische Epilepsie ist eine grundsätzlich gut kontrollierbare Krankheit. Entschließt sich ein Besitzer für eine Therapie, so muß er sich darüber im klaren sein, daß sein Hund höchstwahrscheinlich eine lebenslange Dauertherapie mit täglich zweimaliger Tablettenverabreichung benötigt. Die Medikamente der Wahl sind Phenobarbital und Kaliumbromid. Die Lebenserwartung wird dadurch nicht eingeschränkt, und selbst, wenn die Anfälle nicht vollständig kontrolliert werden können, kann ihr Auftreten auf ein für Herr und Hund erträgliches Maß reduziert werden.